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Sagen und Märchen

Auszüge aus :

 

                             Niedersächsische Sagen und                                                    Märchen

 

                                           Aus dem Munde des Volkes gesammelt

                           und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben

 

 

Von Georg Schambach ( Rektor in Einbeck) und Wilhelm Müller

( Professor in Göttingen  )                                  

 

                                                         Göttingen

                                         Bandenhoeck und Ruprecht´s Verlag 1855

 

 

                                                     Die feindlichen Brüder

 

   Dicht vor Stöckheim, an der linken Seite des Weges, der von Drüber her zum Dorfe führt, stehen zwei hohe Feldsteine, welche sich 4 bis 5 Fuß über den Boden erheben. Auf beiden ist ein Pflugrad, Pflugeisen und ein Pflugstock (rue) eingegraben. Ein dritter ist in den Boden versunken, so dass nur noch ein kleiner Theil emporragt. An diese Steine knüpft sich folgende Ueberlieferung

          Zwei Brüder , ein jeder von einem Knechte begleitet, treffen sich hier beim Pflügen, gerathen miteinander in Streit und erschlagen sich alle vier mit den Pluggeräthen. Hier liegen sie begraben. Der eine hatte gesagt, wer von ihnen Unrecht hätte, dessen Grabstein solle sinken, und so sind auch zwei Grabsteine gesunken, die beiden anderen aber stehen noch. Man hat versucht, den einen gesunkenen Stein wieder zu heben  und aufzustellen, aber er ist wieder in die Erde gesunken.

 

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In Drüber war eine Frau gestorben und hatte ein kleines Kind hinterlassen. Für dieses mochte  nicht so gesorgt sein, wie es eigentlich hätte geschehen müssen ; denn acht Tage nachher  kam Nachts um 11 Uhr die verstorbene Mutter in die Stube, worin das Kind lag, ging hin zur Wiege,  nahm dasselbe heraus und that so, als wenn sie es säugte. Dann suchte sie die Kindertücher zusammen, ging damit aus dem Hause hinaus und zum Brunnen, wo sie dieselben wusch und zum Trocknen ausbreitete. Hatte sie das gethan, so kam sie  in die  Stube zurück, wo sie bei dem Kinde blieb, bis es zwölf schlug, worauf sie verschwand. Am anderen Morgen war alles in der Wiege ganz so , wie es am Abend gewesen war. So kam der Geist der Mutter vier Wochen lang in jeder Nacht eine Stunde , dann  erschien er nicht wieder.

 

 

 

 

Der Besitzer eines großen Ackerhofes in Drüber hatte zwölf milchende Kühe, hätte also Butter die Hülle und die Fülle davon bekommen müssen. Statt dessen hatte er aber gar keine ; denn niemals wollte es Butter geben ;  und wenn auch noch so lange gebuttert wurde . Endlich gingen die Leute zum Scharfrichter und fragten den um die Ursache . Dieser sagte , „an den Kühen wäre etwas gethan“ , sie sollten nur Rahm abnehmen,  diesen in die Pfanne thun und so aufs Feuer setzen und braten : dabei müsten sie aber alle Thüren und Fenster sorgfältig zumachen und niemand ins Haus lassen. Dieß geschah auch ganz so. Der Mann und die Frau wollten nicht dabei sein, sondern gingen vorher aus dem Hause zu ihren Verwandten . Die Knechteund die Mägde aber machten das ganze Haus fest zu und setzten dann den Rahm aufs Feuer , wobei sie das Holz nicht sparten. Nach einer kleinen Weile kam die Frau, welche das Behexen gethan hatte, vor das Haus , rief ganz ängstlich und verlangte eingelassen zu werden. Als aber nicht aufgemacht wurde, sprang sie wie unsinnig an den Fenstern in die Höhe, um so ins Haus zu kommen , doch vergeblich . Mittlerweile hatte sich der Großknecht mit einer Peitsche versehen und damit durch die Stallthür hinaus geschlichen . Dieser sprang zu der Hexe : nun wissen wir, wer den Rahm behext hat !“ und peitschte sie unbarmherzig , so  dass sie halbtodt liegen blieb. Von der Zeit an bekam der Bauer von dem Rahm auch wieder Butter.